Dienstag, 2. August 2016

Im Wald mit lauter Menschen

Fährt man mit dem Auto von Imatra Richtung Savonlinna, sollte man auf jeden Fall einen Zwischenstop einplanen. Direkt an der Staatsstrasse 6, ca. 65 km von Imatra entfernt, Richtung Savonlinna befindet sich ein "Yoga Park" der etwas anderen Art, der Parikkalan Patsaspuisto. In diesem Park wird kein Yoga-Kurs angeboten, auch wenn das der Name vielleicht vermuten lässt. Man geht von einem Park- und Rastplatz aus einfach über einen schmalen unscheinbaren Pfad in den anliegenden Wald hinein... Nachdem wir das Schild am Eingang passiert hatten, hab ich schon mit kunstvoll gestalteten Skulpturen oder Ähnlichem gerechnet. Aber nicht mit dem, was ich dann sah: Hier stehen mehr als 100 Statuen aus Beton, augenscheinlich unsortiert auf einer grossen zentralen Lichtung. Rundherum ein scheinbar wild wuchernder Garten mit verschiedenen anderen Skulpturen von Menschen und Tieren.

Der erste Eindruck wenn man in den Park kommt...
Die Geschichte dahinter ist fast genauso interessant, wie ein Rundgang durch den Park selbst: Veijo Rönkkönen, ein Arbeiter aus der nicht weit entfernten Papierfabrik, widmete seine Freizeit dem Yoga und beschäftigte sich nicht nur mit dem Einüben der verschiedenen Posen, sondern auch damit, diese darzustellen. Und das machte er in penibler Handarbeit aus Beton und Drahtgeflechten. Als der 1944 geborene Finne im Jahr 2010 starb verfügte er, dass der Park kostenlos für Besucher offen stehen soll. Er wollte nie Geld damit verdienen, sondern einfach das weitergeben, was ihn zu Lebzeiten beschäftigte. Auch dürfen die Figuren nicht vom Moos befreit werden, hier ist kein schlampiger Gärtner am Werk, sondern ein paar Leute, die die Schönheit der Figuren und die Intention ihres Erschaffers weitergeben möchten. Es ist schon ein bisschen gruselig, wenn man manchen der Figuren ins Gesicht schaut, da Veijo besonderes Augenmerk auf eine wahrheitsgemässe Abbildung der Menschen legte. Hier haben die meisten Figuren Glasaugen und Gebisse, was mich irgendwie direkt an Horrorfilme denken lässt. Wenn man aber mal verstanden hat, worum es geht (meine zwei Reiseführer haben mich da relativ im Dunkeln gelassen am Anfang), ist das ganze dann doch eher interessant als gruselig. Auf dem Gelände stehen schlussendlich nicht nur die Yoga-Figuren, sondern auch verschiedene andere Kunstwerke, einige Abstrakt, andere originalgetreu und wieder andere, die vielleicht mehr aussagen, als man bei kurzer Betrachtung sofort erkennen kann. Manchmal sind Dinge von einer anderen Perspektive aus betrachtet anders, als das was man auf den ersten Blick vermuten würde. Im Prinzip kann man den Weg selber wählen, den man durch den Park gehen möchte, es gibt überall was zu sehen. Im Herzen der Anlage befindet sich die kleine Werkstatt Veijos. Hier sind Bilder und Gegenstände zu sehen, die ihm Inspiration gaben, einige Dinge stehen noch genauso da, wie er es damals verlassen hat. Für manche sieht es chaotisch aus, aber ich kann schon verstehen, dass der Hobby-Künstler, der eigentlich gar keiner sein wollte, sich hier wohlgefühlt hat.
Werkstatt Veijo Rönkkönen
Links im Bild kann man sehen, wie Veijo die Figuren baute. Dazu vor allem brauchte es Eisenstangen und Drahtglecht als Bewehrung und Einzelteile für Augen, Nase und Mund und Beton. In der Werkstatt hängen ansonsten sehr viele Bilder, Zeitungsausschnitte und sonstige Erinnerungen wild durcheinander an den Wänden. Ganz dezent steht ein Fernseher in einer Nische, der wahrscheinlich aus den 1970er Jahren stammt, auf ihm läuft in einer Endlosschleife ein Interview mit einem Mann, der erklärt, was der ganze Park und die Sache mit den Skulpturen zu bedeuten haben.
Wie der aufmerksame Betrachter vielleicht schon auf dem Eingangsschild lesen konnte, ist der Eintritt zum Park kostenlos. Es wird lediglich darum gebeten, die freiwilligen Helfer, die die Anlage pflegen, mit einer kleinen Spende zu unterstützen, und vielleicht auch ein paar Souvenirs zu erwerben. Souvenirs kann man im damaligen Wohnhaus von Veijo erstehen. Das kleine Häuschen, das ebenfalls im Park steht und komplett aus Holz gebaut wurde, hat zwei Etagen, allerdings werden nur im Erdgeschoss auf ca. 6 qm kleine Souvenirs, wie Jutebeutel mit Aufdrucken von Figuren aus dem Park zum Kauf angeboten.
Beim weiteren Rundgang entdeckt man noch andere Figuren, die Veijo während seiner Freizeit erbaut hat. Angeordnet sind sie entlang der kleinen Pfade, die an Bäumen, Hecken, Blumen und wild wuchernden Gemüsepflanzen vorbeiführen. Manche der Figuren haben auch wirklich etwas sehr künstlerisches, aber man sollte sich nicht zu viele Gedanken machen, und einiges einfach mal mit Humor nehmen. ;-)
Strange people in the forest...

Yoga? Können wir auch, oder?!










Wer dort mal hin möchte, bitte die kleine Spende nicht vergessen und die Figuren und alles drum herum respektvoll behandeln. Mehr erwartet keiner, nur dass eben nichts zerstört oder mehr abgenutzt wird, als durch die normale Verwitterung sowieso passiert.
Parikkalan Patsaspuisto an der Staatsstrasse 6 von Imatra Richtung Jeonsuu rechts der Strasse

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen